Sachen aus dem Schrank ziehen, mit dem guten Gefühl, dass immer alles zusammenpasst? Es hängen wenige ausgewählte hochwertige Teile im Schrank? Und diese wenigen Teile sind maximal untereinander kombinierbar? Kennst du diese Wünsche?
Ich definitiv ja. Jahrelang wollte ich mir diesen Traum erfüllen, habe immer wieder meinen Schrank ausgemistet, umgeräumt, eine Farbpalette für meine Garderobe entwickelt, habe Bücher gelesen, das Capsule Wardrobe Prinzip ausprobiert und vieles mehr.
War ich dadurch zufriedener mit meiner Garderobe?
Definitiv: ja!
Hatte ich mein Ziel erreicht? Joah. Aber nicht so richtig. Meine Garderobe fühlte sich trotz meiner jahrelangen Bemühungen nicht rund an. Irgendwie fehlte etwas.
Ich war in die Kombinationsfalle getappt. Ich hatte mich so sehr darauf konzentriert, dass sich möglichst alles mit allem kombinieren lässt, dass ich mir selbst Scheuklappen aufgesetzt hatte. Fokus ist ja grundsätzlich eine gute Sache, aber hier war ich einen Schritt zu weit gegangen. Nur auf die Farben und Schnitte zu achten reicht eben nicht für einen ganzheitlichen Stil. Die Materialität der Stoffe, Muster, Details und vor allem auch Schuhe und Accessoires hatte ich völlig ausgeklammert. Dadurch blieb mein Kleidungsstil eher nichtssagend. Und das war genau der Grund, warum sich meine Garderobe nur so “Joah. Aber nicht so richtig.” anfühlte.
Diese Gefahr sehe ich auch bei anderen, die sich für den Minimalismus Gedanken begeistern und sich Hals über Kopf in das Abenteuer Capsule Wardrobe stürzen. Gerade beim Capsule Wardrobe Prinzip, wo es kurz gesagt darum geht, mit einer bestimmten (kleinen) Anzahl an Kleidern über eine Saison zu kommen, liegt es nahe, sich möglichst schlichte Kleidungsstücke nach einer kleinen Farbpalette auszuwählen. Dadurch kann der Kleidungsstil auch schnell minimalistisch werden, was aber nicht jedem gut tut.
Ich möchte hier auch zwischen einer minimalistischen Garderobe, im Sinne von wenige gut kombinierbare Kleidungsstücke, und einem minimalistischen Stil unterscheiden. Für mich sind das zwei Paar Schuhe, denn eine Garderobe mit wenigen ausgewählten Teilen muss nicht zwingend den minimalistischen Stil widerspiegeln und umgekehrt hat nicht jeder, der minimalistische Kleidung trägt, auch nur wenige Teile im Schrank.
Oft geht beides Hand in Hand, aber ich möchte betonen, dass du auch eine kleine überschaubare Garderobe mit z. B. bunten, sportlichen Sachen haben kannst.
Warum ich das so unterscheide?
Weil ich nicht möchte, dass du dich beim Reduzieren deiner Garderobe selbst verlierst. Wenn du dich aus Nachhaltigkeitsgründen auf minimalistische Mode einlässt, du aber eigentlich ein ganz anderer Stiltyp bist, dann wirst du damit nicht glücklich werden.
Ach ja, und wenn du eine große Garderobe hast mit Kleidungsstücken, die teils schon Jahrzehnte alt sind und immer wieder zum Einsatz kommen, ist das genauso nachhaltig, wie ein minimal gefüllter Schrank, der aber nur so aussieht, weil ständig etwas weggeworfen und neu gekauft wird.
Außerdem ist es eine Typfrage, ob man aus dem Vollen schöpfen möchte oder sich bewusst reduziert auf das Essentielle. So oder so. Bitte ziehe auch gebrauchte Sachen in Betracht beim Kleider- und Stoffe Shoppen. Lass uns möglichst viele bestehende Kleidungsstücke im Umlauf halten durch Reparatur, Änderungen, Second Hand Kauf und Verkauf, Vernähen von bestehenden und nachhaltigen Materialien.
Ich habe durch meine persönlichen Experimente, meine Ausbildung, die Praxis und durch die Arbeit mit meinen Kundinnen im Näh deinen Stil Club viel darüber gelernt, mit welchen Schritten du deine Garderobe strategisch gut aufbauen kannst. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Je mehr du dich auf deinen Stil konzentrierst und diesen umsetzt, desto mehr Kombinationsmöglichkeiten in den Outfits ergeben sich automatisch daraus. Sprich, es macht mehr Sinn, dir erst über deinen Stil klarzuwerden, bevor du anfängst deine Garderobe neu zu strukturieren. Alles andere folgt dann automatisch.
Je besser du deine Stilwelt kennst und umsetzt, desto selbstverständlicher wird das Kombinieren
Eine Auswahl meiner Sommeroutfits
Heute kann ich sagen, ich habe einen roten Faden für meine Garderobe. Ich weiß auf welche Details ich beim Stoff- und Schnittkauf und bei der Umsetzung achten muss. Aber vor allem gewichte ich auch die Schuh- und Accessoirewahl (oder auch den Verzicht auf Accessoires in meinem Fall) stärker. Denn damit dreht man ein Outfit in die gewünschte Richtung. Und dazu ist es eben wichtig, diese Richtung zu kennen.
Mit diesen Gedanken im Hinterkopf habe ich meine Sommergarderobe mal unter die Lupe genommen und muss sagen, dass ich zufrieden bin. Klar, ich habe noch viele Details an denen ich arbeiten kann und werde, aber da ich einerseits wenig Zeit zum Nähen habe und andererseits auch keine Kompromisse mehr kaufen oder nähen möchte, lasse ich mir damit Zeit. Ich schaue mich auch viel bei Kleiderkreisel und Ebay Kleinanzeigen nach Schuhen um. Dort finde ich immer wieder welche, die fast wie neu sind und die ich dann zu kleinem Preis kaufen kann. Dazu probiere ich in Schuhgeschäften gerne mal Schuhe verschiedener Marken an, um mir dann zu notieren, bei welcher Marke ich welche Schuhgröße habe. Das erleichtert mir den Kauf bei Kleiderkreisel und Co.
Ich schweife ab. Zurück zu einer kleinen Auswahl meiner handmade Sommeroutfits. Übrigens, ist bei mir nicht alles selbst genäht. Ich mixe gerne Kaufkleidung mit Handmade. Warum ich so viel lange Hose zeige? Weil der Sommer in Brandenburg bisher ziemlich kühl ausfällt. Mal sehen, wie der August wird.
Sommeroutfit 1 & 2
Die pinke Hose (2017)
Ein all-time Favorite im Sommer ist meine pinke Hose, die ich im Norr Outlet gekauft habe. Es ist ja selten, dass mir eine Hose auf Anhieb passt und wenn es mal passiert, muss die mit. Der Stoff leiert nicht aus, auch nach 3 Sommern noch nicht und sie ist einfach total bequem. Die Farbe frischt meine oftmals schlichteren Oberteile wunderbar auf.
Das überlappende Top (2019)
Ich mag dieses Top sehr gerne. Das habe ich mal so auf einem Outfitfoto bei Pinterest gesehen und wusste, dass mir so ein Schnitt entgegenkäme: hochgeschlossen, klar geschnitten, für festere Materialien geeignet, mit einem extravaganten Detail. Und durch den melierten Stoff wirkt er auch nicht streng.
Also habe ich mal wieder einen Pattern Hack gemacht (2019), damals noch aus einem anderen Schnitt, aber heute würde ich das Faro Top dafür hernehmen. Und ich liebe das Ergebnis. Es verträgt sich durch den Saum nur nicht so gut mit kürzeren Jacken.
Das weiße Top (2019)
Diesen Schnitt habe ich letzten Sommer nach der Methode von Fashion Express gemacht und aus einem Leinenstoff aus dem Stoffladen Potsdam genäht. Wir haben leider vergessen, ein Foto von hinten zu machen, denn das Top hat dort einen rechteckigen Ausschnitt. Auch die Armausschnitte haben eine eckige Form, was es auf den zweiten Blick besonders macht.
Sommeroutfit 3 & 4
Das gestreifte Hope Top (2020)
Der Stoff lachte mich im Stoffladen an und sagte: “Sommer”. Entstanden ist ein Pattern Hack aus dem Hope Top. Nun kann man darüber streiten, ob das zwei Outfits sind, oder eines. Einmal mit Jacke, einmal ohne, aber da die Wirkung unterschiedlich ist, sind es für mich hier 2 Outfits.
Die Morgan Jeans (2017)
Diese Jeans ist auch ein Sommer-Standard bei mir. Der Stoff ist von einem Stoffmarkt in Amsterdam, der Schnitt die Morgan Jeans. Ich mag die Hose sehr. Meinen Blogeintrag dazu findest du hier.
Sommeroutfit 5 & 6
Das rosa Faro Top abgewandelt (2020)
Ein Leinentop mit Falten im Rücken schwebte mir schon länger vor und ich bin froh, dass ich diesen Pattern Hack dieses Jahr endlich umgesetzt habe. Ich mag es supergerne zur Skinny Jeans.
Lee Jeans (2018)
Gekauft. Offensichtlich. Ich nehme sie mal mit in die Liste auf, weil es bei Lee eine Hosenlänge von 35 gibt. Das ist echt super für mich, weil mir die 34 in der Regel zu kurz und die 36 zu lang ist. Falls du auch dieses Problem hast, dann schau dich mal bei Lee um.
Upcycling Rock (2018)
Dieser Rock ist auch wirklich ein spannendes Projekt gewesen. Der ist nämlich ohne Schnittmuster entstanden nach einer Anleitung aus dem Buch Freehand Fashion. Material waren alte Jeans meines Bruders.
Sommeroutfit 7 & 8
T-Shirt-Kleid in midi (2016)
Ein zum Vergleich verlängertes T-Shirt aus der Shirtbox Extra Lang (gibt es aber auch für Normalgrößen). Der Stoff ist ein sehr schöner Viskosesweat (oder French Terry?). Auf jeden Fall dünn und weich fallend, aber nicht so extrem wie ein klassischer Viskosejersey.
Culottes nach Schnitt einer Zara Hose (2020)
Eine Hose, die gut passt, muss kopiert werden! Das klappt nicht immer gleich gut, aber in diesem Fall bin ich echt zufrieden. Die Vorlage war eine Art Marlenehose aus einem Leinen-Polyester Gemisch von Zara. Der Stoff pillte nach kürzester Zeit und das kann ich ja gar nicht ab. Da die Hose aber sehr gut bei mir sitzt, habe ich den Schnitt abgenommen und daraus eine verkürzte Variante gemacht. Der Stoff ist ein ganz toller Leinen, der nicht ausleiert.
Sommeroutfit 9 & 10
Sweatkleid rauchblau (2016)
Bei diesem Kleid wurde ich aufgrund des Ausschnitts schon öfter gefragt, ob es ein Designerkleid sei. Ich freue mich jedes mal, wenn ich dann antworten kann, dass es selbst genäht ist. Für dieses Kleid habe ich den Schnitt für das Raglanshirt Bethioua hergenommen und ein Rockteil angesetzt. Für diese Ausschnittvariante gibt es ein Tutorial.
Sydney Kleid (2019)
Das Sydney Kleid aus einem Leinen-Woll-Gemisch trägt sich locker angenehm und ist super für die ganz heißen Tage.
Sommeroutfit 11 & 12
Bluse royalblau (2020)
Diese leuchtend blaue Bluse war eigentlich nur als Probestück im Rahmen des Blusenshirt-Sew-Alongs gedacht. Daher habe ich einen Patchworkstoff aus meinem Fundus genommen, für den ich sonst keine Verwendung fand. Nun finde ich diese Kombi aus Schnitt und Farbe erstaunlich gut, nur der Stoff könnte etwas weicher sein, aber ok. Der Schnitt ist Pattern Hack aus der Sydney Bluse.
Sommeroutfit 13 & 14
Tunika beiges Leinen (2017)
Die beige Tunika aus dem tollen Georgio Leinen ist der Prototyp, der damals für die Tunika Elle entstand. Ein sehr zeitloses Kleidungsstück. Hier würde ich heute eine andere Farbe wählen.
Longbluse weiß Vo-ku-hi-la (2017)
Bei diesem Pattern Hack der Tunika Elle habe ich das Vorderteil verkürzt und eine durchgehende Knopfleiste genäht. Ursprünglich als Strandtunika genäht, getragen aber nur über Skinny Jeans. Ein Look, den ich sehr mag. Leider hat der Stoff einen Polyesteranteil, der sich dadurch pillt. Sehr schade, denn an der Bluse habe ich lange gesessen.
Noch mal zum Thema Schuhe
Ich komme nach wie vor auf den Punkt Schuhe zurück. Schon seit Jahren. Aber ich bin ein Pingel bei Schuhen. Hochwertige Verarbeitung, schlichtes Design, Passform, Bequemlichkeit uuund zum Stil passen müssen sie natürlich auch! Das macht die Suche langwierig und führt fast immer zu teuren und daher wenigen Anschaffungen.
Erst seit ich den Gebrauchtmarkt für Schuhe für mich entdeckt habe, fange ich an meinen Bestand aufzustocken. Klar ist nicht jeder Schuss ein Treffer, aber insgesamt kann man so auch mal was ausprobieren ohne gleich tief in die Tasche greifen zu müssen. Aber Schuhe sind echt noch mal einen eigenen Blogpost wert.
Und jetzt brauche ich einen Rock
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich nur einen Rock gezeigt habe. Das ist auch der einzige tragbare Rock, den ich momentan habe. Das möchte ich bald ändern. Mir schwebt ein Rock vor, den ich jetzt gut anziehen kann, aber auch mit Strumpfhose noch mit in den Herbst “nehmen” kann. Ein Spätsommer-Rock, quasi. So habe ich dann auch den neuen Sew-Along für den August genannt: Spätsommer-Rock-Sew-Along (17.-30. August).
Du bist herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Ich werde hier im Blog auch noch verschiedene Rockmodelle vorstellen als Inspiration, aber grundsätzlich besteht freie Schnittwahl in den Sew-Alongs im Club. Mitmachen können alle Clubmitglieder.
Welches Rock-Schnittmuster kannst du besonders empfehlen?
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