Wenn ich durch die Haustür in unsere Diele komme, befindet sich gleich rechts eine offene Garderobe, an der die Jacken meines Mannes und meine hängen. Sprich, 3 Bügel für meinen Mann und 7 für mich. Im Sommer sind meine Bügel immer gut bestückt mit leichten Teilen, die ich mir beim Rausgehen schnell überwerfen kann. Im Winter sieht es eher mau aus. Ein gekaufter Daunenmantel und eine in der Schulter zwickende, mittlerweile auch eher schäbig aussehende Winterjacke. Für die richtig kalten Tage ist mein Daunenmantel unschlagbar und da kommt auch keine selbst genähte Jacke ran, aber für alle anderen herbstlich bis winterlichen Tage wollte ich doch mindestens noch einen oder zwei Bügel bestücken. Im Winter kann ich im Prinzip jeden Tag das gleiche anziehen und keiner merkt es, wenn ich immer mal wieder die Jacke wechsle. Anders herum gesagt: Im Winter kann ich mein Outfit noch so sehr variieren, aber wenn alles immer wieder unter ein und demselben Daunenmantel verschwindet, dann hat es ja trotzdem keiner gesehen. Weißt du, was ich meine?
Coatigan Plan
Mir schwebte seit längerem schon ein Coatigan, eine Mischung aus Cardigan (Strickjacke) und Coat (Mantel), vor. Zeitlos grau, mit Struktur. Meine Wahl wäre auf den Coatigan Silvia gefallen, wenn mir Laura Hertel nicht ihr Buch “1 Schnitt 10 Jacken” geschickt hätte. Dabei wollte ich erst nichts daraus nähen, weil keines der Modelle, so wie vorgestellt, zu mir passen wollte. Dann hab ich mir selbst einen Tritt in den Allerwertesten gegeben und mich mal richtig mit den Schnitten im Buch beschäftigt. Und siehe da, bei verschiedenen Modellen gefiel mir etwas, aber nicht alles. So ist das Buch aber letztendlich auch gedacht. Es ist ein Schnittbaukasten, auch wenn man das aus meiner Sicht im Buch noch mehr verdeutlichen könnte. Die Modelle dienen der Inspiration und können nach Gusto abgewandelt werden.
Coatigan nähen nach dem Baukasten-Prinzip
Als Basis habe ich den Coatigan von Seite 75 verwendet. Dazu habe ich mir den Kragen der Longweste von Seite 69 rangebastelt (angeschnitten) und etwas verbreitert. Damit das Ganze mehr nach richtigem Mantel aussieht, habe ich den Zweinahtärmel verwendet. Man kann die zwei Ärmelformen aus dem Schnittbaukasten einfach austauschen. Bei dem dicken Wollstoff wollte ich keine Leistentaschen nähen und habe mich daher für die unsichtbaren Nahttaschen nach meinem Tutorial entschieden. Dann habe ich mir noch einen Beleg zugeschnitten und einfach losgelegt.
Wollstrick “Vendetta”
Was ist das eigentlich für ein krasser Name für einen Stoff? Ich ziehe gleich meine Kalaschnikov aus dem Mantel und… Aber gut. Wen interessiert schon der Name, wenn der Stoff toll ist?
Der Wollstrick “Vendetta” ist aus verschiedenen Fasern zusammengesetzt: 38% Polyacryl, 17% Baumwolle, 15% Mohair, 15% Polyester, 9% Alpaka, 6% Wolle. Der hält richtig warm! Es darf nur kein scharfer Wind wehen, denn solche Strickstoffe lassen diesen durch. Der Stoff ist nicht elastisch und schön dick. Perfekt für mein Coatigan-Projekt.
“Vendetta” gibt es in diesen Farben. Blutrot fehlt, oder ;-)?
Jede Menge weitere Stoffvorschläge für Mäntel und Jacken findest du in dem Artikel “Jacken nähen. 16 Schnittmuster für den Herbst”.
Passform
Ich mag meinen Coatigan sehr. Da ich mir unsicher war, wie der Stoff mit dem Schnitt auskommt, habe ich sicherheitshalber überall eine Nahtzugabe von 1,5 cm hinzugegeben. Genäht habe ich nachher mit nur 1 cm Nahtzugabe. Daher ist die Schulternaht etwas zu breit geworden, aber auch weil ich sie nicht noch verstärkt habe. Im nachhinein schade, aber andererseits kann ich das vor mir rechtfertigen, indem ich mir sage, dass überschnittene Schultern ja angesagt sind. Der angeschnittene Kragen ist nicht optimal gelöst für diesen Stoff. Wahrscheinlich hätte der Beleg am Kragen auch etwas breiter sein müssen, damit er sich besser legt, aber ich bin trotzdem zufrieden. Bisher fand ich es draußen noch zu warm für den Mantel. Für die kalten Tage braucht er auch noch einen Knopf, damit ich ihn vorne nicht immer zuhalten muss.
Fazit zum Buch
Das Buch ist sehr schön aufgemacht, wie man es vom EMF Verlag gewohnt ist. Laura Hertel ist vom Fach. Sie ist gelernte Maßschneiderin und studierte Modedesignerin. Die Schnitte hat sie alle selber konstruiert. Das gibt Vertrauen. Ich finde der Schnitt sitzt gut, wenn man von meinen Fehlern absieht und auch im Buch sehen alle Modelle nach einem guten Sitz aus. Ich werde mir bestimmt mal wieder eine Wunschjacke aus dem Baukasten zusammenstellen.
Was mir zum Baukastenprinzip noch fehlt ist eine grafische Übersicht der einzelnen Schnittelemente und wie diese für die Beispielmodelle eingesetzt wurden.
Das Buch ist meiner Meinung nach nicht für Anfänger geeignet, weil viele Techniken für die einzelnen Modelle schon etwas aufwändiger sind und man sich je nach Modell die Beschreibung einzelner Nähschritte zusammensuchen muss. Die Nähanleitung habe ich allerdings nicht verwendet, daher kann ich keinen Erfahrungsbericht dazu liefern. Wer schon etwas Näherfahrung hat und gerne Jacken nähen möchte, ist mit diesem Buch sicherlich gut bedient.
Interview mit der Autorin
Ich finde Laura sympathisch. Vor kurzem haben wir uns in einem Livestream bei Facebook sehr angeregt unterhalten. Hier kannst du die Aufzeichnung des Interviews sehen.
Welche Art Jacke wolltest du dir schon immer mal nähen?
Liebe Grüße,
Elke
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