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Eine Woche Entschleunigung

Ist “Ich habe eine Woche entschleunigt” gleichzusetzen mit “Ich habe eine Woche gebremst” oder eher mit “Leerlauf”? Eine Woche ohne Internet, ohne Nähmaschine, ohne Arbeit, weg von zuhause hat sich jedenfalls deutlich langsamer angefühlt als der Alltag. Die Kinder sagen: “Wir haben gechillt”.

In den Wochen davor habe ich zwar nicht BEschleunigt, sondern hatte meinen üblichen online Trott aber daraus wollte ich mal ausbrechen. Klingt ein bisschen, als wäre ich darin gefangen gewesen. Und so fühlt es sich manchmal an. Als könnte mich das Internet nicht loslassen, dabei ist es ja so, dass ich es nicht loslassen kann. Denn letztendlich könnte ich es ja jederzeit in die Tonne kloppen, mein Smartphone.

Mit diesem Gedanken über mehr Abstinenz oder bewussteren Umgang mit den sozialen Medien bin ich nicht alleine. Das Thema geht um. Wie gehe ich vernünftiger mit meiner Zeit um? Wie reduziere ich den Zeit- und Seelenfresser Internet & Social Media? Die Informationsflut bremsen und sich selbst mal “herunterfahren”. Eine Zeit lang keine durchgestylten Fotos, keine Emoticons, keine verstörenden Nachrichten sehen.

Ich war sozusagen Tourist im “Land Offline”. Und von einer Reise kann man ja bekanntlich berichten.

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Alle datenfressenden Geräte unserer Familie blieben zuhause, bis auf ein Notfallhandy. Wie gut, dass wir es dabei hatten. Nicht, weil ich es nicht mehr ohne ausgehalten hätte, sondern weil wir auf der Hinfahrt eine Autopanne hatten. Funktionieren eigentlich diese orangen SOS Säulen auf der Autobahn noch? Wir mussten es zum Glück nicht ausprobieren. Die Anrufe mit KFZ-erfahrenen Vätern hat uns jedenfalls soweit ausgeholfen, dass wir heil am Urlaubsort ankamen.

Mein Handy ist normalerweise auch meine Uhr. Seit Jahren trage ich keine Armbanduhr mehr. Dass ich zusätzlich zu meinen zahlreichen Blicken aufs Handy auch die Uhrzeit dort ablese ist eigentlich blöd. Genauso blöd, wie mich vom Handy wecken zu lassen, denn damit ist der erste Griff am Morgen schon der Griff zum Handy. Da fallen mir natürlich gleich die Meldungen diverser Apps ins Auge, das muss ich noch ändern.

Im Urlaub konnte ich also die Uhrzeit nur nach Gefühl und Ehemann und Sohn einschätzen, die beide immer zuverlässig eine Armbanduhr tragen. Aber eigentlich war die Uhrzeit egal. Die Kinder sind immer viel zu spät ins Bett gegangen und wir sind alle viel zu spät aufgestanden, die Mahlzeiten kamen so wie der Hunger und nicht so wie die Uhr. “Wie, es ist schon 17 Uhr?”. Aber hey, dafür ist der Urlaub doch da!

Vor einem Urlaub muss ich immer in die Bücherei, denn je nach Streitlust der Kinder eröffnen sich manchmal unverhoffte Zeitfenster zum Lesen. Diese müssen bestmöglich genutzt werden und in der Bücherei wo ich nicht für’s einzelne Buch bezahlen muss fühle ich mich frei, auch mal ungewohnte Sachen auszuleihen, auch wenn ich diese dann manchmal nur anlese.

Nachdem ich meine zwei leichten Lektüren schon fertig hatte, erschien mir meine restliche mitgebrachte Buchauswahl auf einmal weniger interessant als gedacht und ich mopste mir etwas vom Lesestapel meines Mannes. Nachdem ich die ersten Seiten seines Silicon Valley Buches gelesen hatte war ich schon gefangen. Unglaublich interessant und auch beängstigend, was Christoph Keese da schreibt.

Hallo Google, dein Ziel ist es, unser Gehirn in die Cloud hochzuladen? Kein Witz! Und als der Autor zum Schluss noch die Frage stellte, wie wir unsere Kinder auf eine solche Zukunft vorbereiten können und ob unser Schulsystem momentan einen Beitrag dazu leistet (Antwort: keinen) war es mit der nächtlichen Ruhe zuende. Ich liebe ja inspirierendes Buchfutter, aber das sollte ich nicht vor dem Einschlafen lesen. Das beschäftigt mich dann zu sehr.

Ich wollte sofort nach den im Buch empfohlenen weiterführenden Blogs und Büchern googlen, aber… da fehlte ja etwas im Reisegepäck. Das war der einzige Moment wo mir mein Smartphone gefehlt hat. Und es war auch gut so, denn es hat dazu geführt, dass ich einfach selbst über die Texte nachgedacht habe anstatt mir die Meinungen anderer dazu durchzulesen. Google macht mich ganz schön faul. Wie gut, dass Google mal eine Woche lang nicht wusste, was ich denke, was mich interessiert, wohin ich mich bewegt habe. Ein gutes Gefühl.

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Wenn das Smartphone greifbar ist, benutze ich es für sinnvolle und sinnfreie Sachen. Es übt eine magische Anziehungskraft aus. Interessanterweise habe ich es in den sieben Tagen in denen wir räumlich getrennt waren, nicht vermisst. Bis auf die gerade beschriebene Situation.

Es tut gut, innerlich zur Ruhe zu kommen, den ständigen Datenfluss ins Gehirn zu stoppen. Mal keine Podcasts zu hören, keine Bilder zu gucken und zu machen. Apropos. In diesem Urlaub haben wir kein einziges Foto gemacht. Wir haben einfach alles erlebt, was wir gemacht haben ohne es für die Ewigkeit festzuhalten. Wie entspannend, mal nicht in Fotos zu denken. Wie haben wir uns früher lustig gemacht über japanische Reisegruppen, die die Kameras nicht von den Augen nehmen konnten. Sind wir heute nicht genauso mit unseren Smartphones?

Eine Woche lang kein “Ich will Tablet gucken!” von den Kindern zu hören… Herrlich.

Nicht nur mein Handy war heruntergefahren, sondern auch mein Hirn. Lesen, wenig Programm, viel Essen, viel am Strand herumliegen. Die eingepackten Sportsachen blieben eingepackt. Auch der Körper war heruntergefahren. Aber wenn ich den Datenkonsum wieder anwerfe werde ich früh genug wieder daran erinnert, dass ein flacher Bauch schöner ist als ein runder, dass Zucker schlecht für mich ist…

Zuhause habe ich mir angewöhnt, das Handy in eine Schublade zu legen. Die Benachrichtigungstöne für Apps habe ich zum Großteil ausgeschaltet und zusätzlich habe ich einen Entsperrungscode mit Zahlen eingerichtet. Wenn das Gerät schon mal außer Sicht- und Hörweite ist kleben Finger und Nase weniger daran. So ist es erst einmal gut.

Und wie geht es weiter im Blog? Ich hatte erst über eine Sommerpause nachgedacht aber mir gingen so viele Gedanken und Fragen durch den Kopf zu den Veränderungen in unserer Nähbloggerwelt, dass ich sie loswerden musste. Ich durfte sie weiterreichen an Bloggerkolleginnen, die Teil der Nähcommunity sind aber jede ihren eigenen Blickwinkel darauf hat.

Ich freue mich schon sehr auf die am 4. August 2016 startende Interviewreihe hier im Blog.

Jede Bloggerin erhält andere Fragen rund um das Thema “Was verändert sich in der Nähbloggerwelt und welchen Einfluss haben Social Media darauf”.

Schau doch übermorgen wieder vorbei, dann bin ich im Gespräch mit Danie von “Prülla”, die interessante Einblicke in ihre Gedanken gibt.

Wir freuen uns schon auf dich!

P.S. übrigens habe ich mir endlich meinen Maxi-Rock genäht.

Schnittmuster: burdastyle
Stoff: vom Stoffmarkt
Verlinkt: creadienstag


Weiterführende Links zum Thema Daten-Entschleunigung:

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