Viele Wege führen zur vernetzten Garderobe. Einer Garderobe bei der alle Kleidungsstücke möglichst vielseitig untereinander kombinierbar sind.
Lena, Catrin, Sindy und Steffi haben schon im Rahmen der Blogreihe #myfallessentials sehr inspirierende Gedanken zu ihrer Herangehensweise geteilt. Dass ich heute dran bin weiß ich schon länger. Nachdem ich aber die Beiträge der anderen gelesen hatte, stand ein großes Fragezeichen über meinem Kopf. Was bleibt nach so viel Input noch von meiner Seite zu sagen?
Meine Gedanken schweifen gerade von der saisonalen zur universellen Vier-Jahreszeiten-Garderobe. Bei uns muss man gerade im Herbst und Frühling für viele Witterungen gerüstet sein. Um dem Rechnung zu tragen möchte ich mich langfristig davon verabschieden, für jede Saison eine einzelne Capsule Wardrobe zu haben. Der Frühling hat mir gezeigt, dass er von der Winterjacke bis zum Top alles sehen will. Hatte ich die Winterjacke für die Frühlings Capsule Wardrobe schon weggepackt, musste ich sie letztendlich doch wieder hervorkramen. Mein Ziel ist es eine Garderobe zu haben, die als Gesamtheit funktioniert, die mich nicht einschränkt aber auch nicht überfordert.
– ich möchte alles was ich habe auch sehen
– es darf nicht mehr sein als mein Kleiderschrank Platz bietet
– jedes Teil muss sich mehrfach kombinieren lassen
Jetzt habe ich im letzten Satz selbst “muss” geschrieben. In den letzten Wochen hatte ich zuviel “muss” im Kopf. Ich war zu verkopft beim Nähen. Ich habe in Gedanken Kleidungsstücke vor der Entstehung im Geiste “durchgekaut” bis sie als solche nicht mehr erkennbar waren. Immer mit dem Wunsch, dass sie doch perfekt zu kombinieren sein müssen. Komisch. Ich bin doch eigentlich zufrieden mit dem Weg, den ich bisher gegangen bin mit den #myspringessentials.
Habe ich mich zu sehr eingeengt mit dem Gerüst der Capsule Wardrobe, mit meiner Farbpalette und der Silhouette, die ich mir vorgegeben hatte? Nein. Meine selbst aufgestellten Regeln passen im Moment gut, ich habe nur vergessen, wie man mit ihnen spielt. Mit meiner Ira Fransenjacke habe ich meine Blockade gelöst, weil ich einfach wieder experimentiert habe. Das hat mir gefehlt. Vorher sah ich nur noch schlichte dunkelblaue Pullis, graue Hosen und rosa Tshirts vor meinem inneren Auge.
Welche Farben mir stehen habe ich im Kopf und welche Silhouette zu mir passt, das weiß ich auch. Brauche ich überhaupt noch Paletten und Silhouetten? Ich denke, es ist wie mit dem Fahrradfahren. Kann man es einmal, dann verlernt man es nicht mehr und dann darf man auch ruhig mal freihändig fahren. Klar, zum freihändig Fahren gehört auch das “auf die Schnauze fallen”, aber: aufstehen, Krone richten, weitergehen.
Hier kommen die Schritte, die mir auf dem Weg bis hierher geholfen haben.
1. Vorwurfsvolle Kleider identifizieren:
Warum fällt es so schwer auszumisten?
Weil es Arbeit macht? Ok.
Es steckt aber mehr dahinter. Es geht darum Entscheidungen zu treffen. Es geht auch um Emotionen, dazu ein paar Beispiele:
– “Dieses Kleid mag ich nicht gehen lassen, weil ich darin meinen Mann kennengelernt/ meinen Freund zum ersten Mal geküsst/ mein Kind bekommen habe.” Dieses besondere Stück könnte seinen Platz in einer schönen Schachtel finden. Das Ergebnis: mehr Luft im Kleiderschrank und jedes Mal packt sich das Erinnerungsstück wie ein Geschenk aus.
– “Diese teure Lederjacke behalte ich, weil ich bestimmt bald abnehme und ich sie dann wieder tragen kann.” Nach einer Schwangerschaft ist das sehr wahrscheinlich. Wenn die Jacke aber schon seit 3 Jahren im Schrank hängt und immer noch nicht passt, kann man sie auch gehen lassen. Diese Jacke blickt einen sonst ständig vorwurfsvoll an und erinnert an das, was man nicht geschafft hat. Ist es nicht besser, sich von diesen Vorwürfen zu befreien? Aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, dass die Teile, von denen ich mich nach Jahren trennen konnte nicht vermisst werden! Im Gegenteil, die Luft im Kleiderschrank hat mich motiviert weiter zu machen. Genau so können sich hinter Stapeln Schätze verbergen, die man nicht getragen hat, weil man sie einfach nicht gesehen hat.
– “Ich definiere mich durch meine Kleidung. Meine Mitmenschen kennen mich nur so vielseitig gekleidet. Ich möchte sie nicht enttäuschen wenn ich plötzlich weniger Auswahl habe.” Die Meinung der Mitmenschen ist mir auch wichtig. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass sich der persönliche Stil noch stärker herauskristallisieren wird, wenn du eine Bestandsaufnahme des Kleiderschrankes machst und Dinge aussortierst, die du nicht oder sehr selten trägst, die Verschleisserscheinungen zeigen oder einfach nicht passen. Gibt es nichts zum Aussortieren, weil du alles trägst, alles noch gepflegt aussieht und gut passt? Perfekt! Wenn nicht, dann ran an die Arbeit!
-“Ich trage diesen Pulli nicht. Aber ich habe ihn selbst genäht, deshalb kann ich mich nicht trennen!” Ja, das kann ich verstehen. Trotzdem würde ich ihn aus dem Kleiderschrank herausnehmen. Möchte ihn vielleicht jemand aus dem Bekanntenkreis tragen? Eine Kiste mit Kleidern, die die Entwicklung der Nähkünste dokumentiert wäre auch eine Idee.
Es gibt bestimmt noch viele solcher Beispiele und mit etwas Entscheidungswillen (im Zweifel den Partner oder die Freundin fragen) lässt sich der Kleiderschrank sinnvoll lichten.
2. Arbeitstiere identifizieren:
Wozu kann ich immer greifen in dem Wissen, dass:
– es passt
– gut aussieht
– ich mich darin wohl fühle
Meine Arbeitstiere für die Beine sind z.B. ganz klar zu jeder Jahreszeit:
– Cassie Pants grau
– Cassie Pants lila
– Diamantenhose
– blaue Jeans
– Leggings
– manana Jeans
Alle meine Hosen sind Arbeitstiere! Was für eine Erkenntnis und Erleichterung! Ich könnte bei Bedarf eine neue Hose nach einem der Schnitte nähen mit dem Wissen, dass ich ein Lieblingsteil produziere.
3. Inseln identifizieren
Damit sind Kleidungsstücke gemeint, die sich nicht mit anderen Teilen aus der vorhandenen Garderobe kombinieren lassen. Eine richtige Insel habe ich bei mir nicht mehr finden können, aber diese Strickjacke hat es ein bisschen schwer. Trennen werde ich mich nicht, weil ich sie mag und sie bei wärmeren Temperaturen auch wieder tragen werde.
4. Stil identifizieren:
Gefällt mir der Stil, der sich aus den vorhandenen Kleidern ergibt? Grundsätzlich schon. Mehr und mehr Lieblingsstücke finden sich zusammen. Die Basis gefällt mir, auch wenn ich meinen Stil nicht wirklich benennen kann. Ich weiß aber mit Sicherheit, dass ich noch nicht “fertig” bin.
Mir fehlen schmückende Teile, die mehr Abwechslung ins Outfit bringen, die einem dunkelblauen Shirt das Klassische nehmen, einer grauen Strickjacke Leben einhauchen oder einfach mehr Kombinationen ergeben. Mehr Lagenlook ist meine Devise.
Auch an meinen Haaren möchte ich etwas verändern. Das einfachste Tshirt sieht einfach besser aus, wenn man “die Haare schön hat”. Und ja, auch Make Up macht viel aus, aber da ich schon mein Leben lang ohne unterwegs bin, kann das auch so bleiben.
Obwohl, wenn die Falten noch tiefer werden…
Da wäre auch noch das Thema Schuhe. Schon bei den Spring Essentials wollte ich mich in Sachen Schuhe verbessern. Seitdem habe ich mir nur neue Sandalen gegönnt, die mir leider im Herbst und Winter nicht weiterhelfen. Schuhe geben einem Outfit so viel Charakter. Weißes Tshirt, Blue Jeans und Chucks ergeben ein ganz anderes Bild als weißes Tshirt, Blue Jeans und Pumps. Völlig logisch, musste ich mir aber noch einmal vor Augen führen. Manchmal sind es die einfachsten Dinge, die man nicht sieht. Bald reise ich nach Amsterdam und hoffe auf eine gute Schuh- und Stoffausbeute!
5. Silhouette identifizieren:
Eine bevorzugte Silhouette als Basis zu haben ist sehr hilfreich und Teil des Stils. Bei mir wäre das: unten herum schmal geschnitten und oben herum tailliert aber nicht zu eng. Dadurch vermeide ich, dass ich mir Teile nähe oder kaufe, die ich nachher von der Form her gar nicht kombinieren möchte. Das mit den taillierten Oberteilen ist mir erst in letzter Zeit bewusst geworden und anhand meiner Jacken sieht man gut, was ich meine. Bis auf den Oversized Shrug sind alle etwas tailliert.
Mit Silhouetten zu arbeiten erleichtert die Vernetzung der Garderobe. Meine Vorlieben sind da im Moment recht klar, ich bin aber auch offen für neue Schnitte und Silhouetten.
6. Was habe ich für die kommenden Monate?
Jacken:
Die Strickjacken sehen ganz schön düster aus, oder? Wie gesagt, ich brauche mehr Accessoires um sie aufzuhellen. Die Strickjacken aus der mittleren Reihe eignen sich auch als Überjacke an milden Herbsttagen.
Longsleeves/Blusen:
Keine Highlights, die gekauften Shirts sind schon mehrere Jahre alt. Ärmel zu kurz, Nähte gehen auf, aber bis ich Nachschub genäht habe müssen sie unter Strickjacken getragen werden.
Pullis/ Sweatshirts:
Den Hoodie oben links liebe ich. Der Sweat von Hilco sieht immer noch aus wie am ersten Tag. Die Bündchen sind aus Wollstrick und halten sehr warm, sind aber nicht mehr ohne Flecken. Der selbstgestrickte Pulli oben rechts wurde letztens zu heiß gewaschen… und mein Mechelen Shirt (unten rechts) hatte ich damals aus einem Jersey mit Polyester Anteil genäht und der pillt. Alles ist irgendwie noch ok, aber kein Highlight mehr. Ja, auch selbstgenähte Teile verschleißen mit der Zeit und Qualitätsstoffe zahlen sich aus.
Diese Sommershirts werde ich auch im Winter tragen um ein bisschen Farbe in meine Outfits zu bringen. Für den Lagenlook hat sich das gestreifte Shirt heimlich, still und leise an die Spitze gearbeitet, dicht gefolgt vom roten Wasserfalltop, weil sie einfach auffälliger sind ohne mich zu “überstrahlen”.
7. Was fehlt?
– 2-3 Tücher (rosa, dunkelrot, hellgrau, gemustert, keine Ahnung, bunt?…)
– 2 Paar Schuhe (Ankle Boots und “was Wasserabweisendes, was trotzdem gut aussieht”)
– Schmuck (eine lange Kette mit was dran, und ich überlege, ob ich mir meine Ohrlöcher neu stechen lassen soll)
– 1 leichte Strickjacke (aus Jersey oder Strickstoff)
– 1 Mantel
– 1 längeres Jeanshemd
– nach und nach die alten Longsleeves ersetzen (das hat aber keine Eile und es muss noch ein guter Schnitt gefunden werden)
– was mir sonst noch so einfallen wird…
Es gibt noch viel zu lernen und auszuprobieren. Ich finde es nach wie vor sehr spannend, inspirierend und befreiend, meine Kleidung selbst nähen zu können. Genauso spannend, inspirierend und befreiend finde ich den Inhalt meines Kleiderschrankes als Ganzes. Obwohl (oder weil?) ich mittlerweile viel weniger Kleidung habe als noch vor 2 Jahren fühle ich mich besser gekleidet. Mehr auf den Punkt, wenn du verstehst, was ich meine.
Als nächstes möchte ich die Kombinierbarkeit meiner Kleidungsstücke mal auf die Spitze treiben und Teile kombinieren, die ich bisher so noch nicht getragen habe. Was dabei herauskommt? Ich bin selbst gespannt und werde natürlich hier im Blog darüber berichten.
Ich freue mich sehr, dass du bis hierhin gelesen hast. Vielen Dank!
Lass Luft in deinen Kleiderschrank und happy “Ausmisting”!
Nächste Woche kannst du bei Sandra von rehgeschwister den nächsten #myfallessentials Beitrag lesen. Ich freue mich drauf.
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